Die Frage nach Ischämiezeichen ist der vielleicht häufigste Grund für die Aufzeichnung von 12-Kanal-EKG in Notfallsituationen. Hierbei sollten die eindeutig definierten ST-Strecken-Hebungen bei Verdacht auf ein ACS vom Typ STEMI erkannt werden. Darüber hinaus gibt es jedoch (neben einer Vielzahl von weiteren Zeichen) EKG-Veränderungen, welche nicht den STEMI-Kriterien entsprechen und trotzdem erkannt werden sollten.

 

Konkret empfehlen wir hier daher folgende Analyseschritte:

1. Sind die STEMI-Kriterien erfüllt?

2. Sind die Kriterien eines STEMI-Äquivalentes erfüllt?

3. Sind ST-Strecken-Senkungen und/oder T-Negativierungen sichtbar?

4. Sind bei Blockbildern gleichzeitig Ischämiezeichen sichtbar?


1. STEMI-Kriterien

Die ST-Strecken-Hebungen des "STEMI" sind eindeutig definiert. Die Veränderungen müssen in 2 anatomisch korrespondierenden Ableitungen auftreten und alters- wie geschlechtsspezifische Grenzwerte erreichen. Im Allgemeinen sind ST-Hebungen im J-Punkt von mindestens 0,1 mV ausreichend, in den Ableitungen V2 und V3 sowie in den erweiterten Ableitungen V7 bis V9 sowie V3R und V4R gelten jedoch leicht abweichende Werte:


2. STEMI-Äquivalente

Neben den (im 12-Kanal-EKG) klassischen STEMI-Bildern gibt es einige Zeichen im EKG, welche ebenfalls für eine transmurale Myokardischämie auf Grundlage eines akuten Koronarverschlusses stehen - die sogenannten STEMI-Äquivalente. Hierzu zählen:

  • ST-Senkungen in V1 - V3 als reziprokes Zeichen strikt posteriorer Infarkte.
  • Multiple ST-Senkungen und ST-Hebungen in aVR als Zeichen der Hauptstammstenose.
  • Präkordiale ST-Senkungen mit spitz-symmetrischen T-Wellen als Zeichen des hohen RIVA-Verschlusses (De Winter ST/T-Komplexe).
  • Hyperakute T-Wellen als Zeichen einer akuten Ischämie innerhalb der ersten Minuten.

NICHT mehr als STEMI-Äquivalent zu werten sind (vermutet) neu aufgetretene Linksschenkelblöcke. 


3. ST-Strecken-Senkungen und T-Negativierungen

Während die STEMI-Bilder und ihre Äquivalente relativ spezifisch sind, gibt es vielfältige sonstige Veränderungen im EKG, welche ebenfalls hinweisend auf eine akute Koronarischämie sind - jedoch auch durch andere Ursachen bedingt sein können.

Suspekt sind horizontale/deszendierende ST-Strecken-Senkungen sowie symmetrische T-Negativierungen.


4. Ischämieanalyse bei Blockbildern

Das Mantra des (vermutet) neu aufgetretenen Linksschenkelblockes als STEMI-Äquivalent ist bereits seit 2013 Geschichte. Dass Blockbilder die Infarktdiagnostik erschweren können, ist dabei unstrittig. Leitmittel wie die Sgarbossa-Kriterien werden mitunter kritisch bewertet weil sie kompliziert und nicht handhabbar erscheinen. Hierzu sei gesagt: Wer die physiologische Erregungsrückbildung bei Schenklblöcken wirklich versteht, wird mit der Ischämiediagnostik wenig Probleme haben. Wir erklären Dir das gerne - aber nicht hier in ein paar Sätzen, sondern mit etwas Zeit, vielen Beispielen und Deinem anatomisch-physiologischem Verständnis (welches wir vorher mit Dir aufbauen 😊). Wenn Du Interesse hieran hast, dann gibt es hier vielleicht das richtige Angebot für Dich.


Sonstige Ischämiezeichen

Neben den Veränderungen von ST-Strecke und T-Welle gibt es noch weitere (subtilere) Zeichen, die auf eine Ischämie hinweisen können. Q-Zacken oder Störungen der R-Progression sind hier nur zwei Beispiele. 

 

Für den Anfang und die meisten Notfallsituationen sind die bisher vorgestellten Zeichen jedoch ausreichend und sollten beherrscht werden. Mehr hierzu sowie jede Menge weitere Beispiele gibt es selbstverständlich in unseren Kursen 😉.


Blockbild
Lagetyp
Ischämiezeichen
QT-Zeit