Die Beurteilung der QT-Zeit ist ein unterschätzter und häufig vergessener Bestandteil der EKG-Diagnostik - auch und vor allem in Akutsituationen. Daher möchten wir euch in 4 Schritten zeigen, warum wir der Meinung sind, dass das Q wie QT-Zeit zu jeder Analyse dazugehören sollte:
1. Was ist die QT-Zeit und warum sollte sie beurteilt werden?
2. Was verändert die QT-Zeit?
3. Wie wird die QT-Zeit bestimmt?
4. Welche Konsequenzen ergeben sich in der Akutsituation?
1. Was ist die QT-Zeit und warum sollte sie beurteilt werden?
Als QT-Zeit bezeichnet man im EKG das Intervall vom Beginn des Kammerkomplexes bis zum Ende der T-Welle. Damit beinhaltet QT sowohl die Erregungsausbreitung (QRS-Komplex) wie auch die Erregungsrückbildung (T-Welle) in den Ventrikeln. Übertragen auf die kleinste Ebene gibt die QT-Zeit somit Auskunft über die Aktionspotenzialdauer der Kardiomyozyten.
Die Bedeutung der QT-Zeit liegt vor allem in deren letztem Abschnitt. Hier findet die Erregungsrückbildung statt, die Zellen kehren vom Aktions- in ihr Ruhepotenzial zurück. Dabei wird (etwa in der 1. Hälfte der T-Welle) eine Phase durchlaufen, in der Zellen durch einen eintreffenden Reiz (z.B. eine Extrasystole) wieder erregt werden können, obwohl das eigentliche Ruhepotenzial noch nicht erreicht wurde. In dieser "relativen Refraktärperiode" besteht also eine elektrische Inhomogentiät des Gewebes - und so etwas ist immer ein Substrat für kreisende Erregungen. Im konkreten Fall des langen QT-Intervalles kann es also durch eine verlängerte relative Refraktärzeit (auch "vulnerable Phase") durch eine Extrasystole zur Auslösung eines Reentry kommen - auch bekannt als Torsade-de-Pointes.
2. Was verändert die QT-Zeit?
Wenn es um Veränderungen der QT-Zeit in Notfallsituationen geht, dann sind zunächst deren Verlängerungen von Interesse. Da, wie oben beschrieben, die QT-Zeit ein indirektes Maß für die ventrikuläre Aktionspotenzial-Dauer ist, wird das QT-Intervall durch jegliche Faktoren beeinflusst, welche sich auf die Erregungsaus- oder -rückbildung auswirken. Entsprechend sind die Ursachen einer QT-Verlängerung vielfältig, können jedoch mit dem Akronym SAME gut zusammengefasst werden:
3. Wie wird die QT-Zeit bestimmt?
Wie für so ziemlich alles in der Medizin gibt es auch für das QT-Intervall einen Referenzbereich. Dieser liegt zwischen 350 und (je nach Geschlecht) 440 bis 460 ms. Alles darüber hinaus ist als Verlängerung zu werten, wobei meist erst Werte ab 500 ms wirklich als relevante Verlängerung zu werten sind. Soweit wäre die Sache noch ganz einfach, wenn da nicht die Sache mit der Frequenzkorrektur wäre: Die Aktionspotenzialdauer (und damit die QT-Zeit) ändert sich mit der Herzfrequenz. Die genannten Refrerenzwerte gelten also nur für eine bestimmte Herzfrequenz - nämlich für genau 60 pro Minute. Bei einer Herzfrequenz von 60 entspricht die gemessene QT-Zeit also dem tatsächlichen Wert. Für alle anderen Frequenzen muss das gemessene QT-Intervall also frequenzkorrigiert werden - das Ergebnis heißt dann QTc (QT corrected). Hierfür existieren verschiedene Formeln - die bekannteste ist die Korrektur nach Bazett. Da solche mathematischen Akrobatiken vor allem im Notfall recht unpraktisch sind, bedient man sich entweder digitaler Hilfsmittel in Form von Apps und Co. (z.B. MedCalX), oder man lässt die Zahlen Zahlen sein und schätzt QTc mit einem einfachen Trick ab:
Einige abschließende Anmerkungen zur Bestimmung der QT-Zeit:
4. Welche Konsequenzen ergeben sich in der Akutsituation?
Zunächst einmal ist ein verlängertes QT-Intervall nur ein EKG-Befund, welcher (wie alle Beobachtungen) im klinischen Kontext beobachtet werden müssen. Besonders hellhörig muss man bei Patienten mit Synkopen, Krampfanfällen oder sonstigen Bewusstseinsstörungen werden. Hier kann eine gute Anamnese (mit Familienananmnese!) wertvolle Hinweise liefern.
Ansonsten geht es zunächst einmal darum, mögliche Risikofaktoren zu reduzieren bzw. nicht noch weiter zu fördern. In Anlehnung an die möglichen Ursachen eines langen QT-Intervalles (SAME) sollten hier vor allem Elektrolytstörungen und Medikamenteneinnahmen beachtet werden. Dabei ist zu bedenken, dass viele regelmäßig der regelmäßig in der Klinik eingesetzten Medikamente (v.a. Antiarrhythmika, Antipsychotika und Antibiotika) die QT-Zeit verlängern können. Entsprechend sollte nach Möglichkeit auf den Einsatz dieser Substanzen verzichtet werden.
Weiterhin müssen Patienten mit verlängerter QT-Zeit (vor allem wenn es schon zu Synkopen oder sonstigen Ereignissen gekommen ist) durchgehend am Monitor überwacht werden. Long-QT-Syndrome sind eine mögliche Ursache des plötzlichen Herztodes auch bei jungen Menschen!
Um überhaupt zu solchen Überlegungen zu gelangen, ist eines jedoch zunächst am Wichtigsten: Das Problem muss erkannt werden! Wir hoffen deshalb, dass die QT-Analyse durch unser BLiQ-Schema standardisierter Bestandteil eurer EKG-Diagnostik wird 😊.