Zeitweise abwesend.



Jede EKG-Diagnostik beginnt mit einer Rhythmusanalyse. Wir verwenden hierfür das 6-Punkte-Schema zur strukturierten Rhythmusanalyse.

 

1. Eine geordnete Kammeraktivität ist erkennbar.

 

2. Die Kammerfrequenz liegt bei etwa 48 pro Minute. Bei unregelmäßiger Kammeraktion muss hierfür ein Intervall von z.B. 10 Sekunden abgemessen werden (zur Erinnerung: bei einer Schreibgeschwindigkeit von 25 mm/Sek. entsprechen 2,5 cm 1Sekunde).

 

3. Die RR-Intervalle sind eindeutig unterschiedlich lang, die Kammeraktivität ist damit eindeutig arrhythmisch. Bei genauer Betrachtung fällt hier jedoch auf, dass sich jeweils ein langes und ein kurzes RR-Intervall regelmäßig abwechseln. Dies wird auch als „regelmäßige Unregelmäßigkeit“ bezeichnet.

 

4. Die QRS-Komplexe sind breiter als 120 ms und damit verbreitert.

 

 


5. Eine geordnete Vorhofaktivität mit regelmäßigen und monomorphen P-Wellen ist nachweisbar. Dieser Teil der Untersuchung ist der wahrscheinlich komplizierteste und führt immer wieder zu Unklarheiten. In der Tat ist die Identifikation von P-Wellen oft die größte Herausforderung bei der Rhythmusanalyse – jedoch für die Diagnose essenziell. Hierfür muss eine Ableitung mit möglichst gut sichtbaren Vorhofaktionen gewählt werden. Im Beispiel sind dies die Ableitungen II und III. Dunkelblau markiert sind zwei vermutet benachbarte P-Wellen zu erkennen. Das Intervall zwischen diesen beträgt 840 ms.Verschiebt man den Abstand nun, so zeigen sich an den erwarteten Punkten jeweils weitere P-Wellen, welche zum Teil durch T-Wellen überlagert sind. Durch die gezielte Suche kann hier jedoch eine regelmäßige Vorhofaktion mit monomorphen P-Wellen „enttarnt“ werden.

 

 


6. Abschließend muss nun das Verhältnis von Vorhof- und Kammeraktivität beurteilt werden. Jedem Kammerkomplex geht eine P-Welle voraus, es folgt jedoch nicht auf jede P-Welle ein QRS. Genau genommen fällt jede 3. Überleitung aus. Für die jeweils erste übergeleitetnP-Welle zeigt sich eine über 200 msverlängerte PQ-Zeit, welche sich für die zweite Überleitung verlängert, bevor es dann schließlich zum vollständigen Ausfall einer Überleitung kommt. Im Anschluss beginnt diese Abfolge erneut. Es liegt also ein AV-Block zweiten Grades vom Typ 1 (Wenckebach) mit einer AV-Ratio von 3 zu 2 vor. Hiermit erklärt sich dann auch die zuvor beobachteten „regelmäßig unregelmäßigen“ RR-Intervalle – ein typisches Zeichen der Wenckebach-Blockierungen.

 


Die Rhythmusdiagnose lautet: Normofrequenter Sinusrhythmus mit AV-Block II° Typ1 bei konstanter 3:2-Überleitung. 


Es folgt die 12-Kanal-Analyse nach dem BLiQ-Schema:

 

Blockbild

Die Kammerkomplexe sind verbreitert. Da der Rhythmus (wie oben beschrieben) einen supraventrikulären Ursprung hat, liegt eine ventrikuläre Erregungsleitungsstörung vor. Aus der Konfiguration des Kammerkomplexes in V1 ergibt sich der Verdacht auf einen Rechtsschenkelblock.

 

Lagetyp

Der größte positive QRS-Ausschlag in den Extremitätenableitungen findet sich in aVL. In der dazu rechtwinkligen Ableitung II ist der Kammerkomplex überwiegend negativ. Es handelt sich also um einen überdrehten Linkstyp, respektive einen linksanterioren Hemiblock.

 

Ischämiezeichen

Es liegen keine STEMI-Kriterien vor, ebenfalls sind keine ST-Strecken-Senkungen oder (auffällige) T-Negativierungen sichtbar. Damit sind keine Ischämiezeichen auszumachen.

 

QT-Zeit

Die unregelmäßigen RR-Intervalle müssen bei der Bestimmung der QT-Zeit beachtet werden. Da bereits ein AV-Block zweiten Grades vom Typ Wenckebach festgestellt wurde, wird hier das kürzere RR-Intervall verwendet. Weiterhin müsste QT aufgrund des RSB weiter korrigiert werden. Die ganz exakte Bestimmung der QTc wäre hier also recht kompliziert. Pragmatisch kann man sich über die Methode des 1/2 RR nähern - und hier zeigt sich keine deutliche Verlängerung.

 

BLiQ: Rechtsschenkelblock, linksanteriorer Hemiblock, keine Ischämiezeichen, keine deutliche QT-Verlängerung.


EKG-Befund:
Normokader Sinusrhythmus, AV-Block II° Typ 1 (Wenckebach), Rechtsschenkelblock, linksanteriorer Hemiblock, keine Ischämiezeichen, keine deutliche QT-Verlängerung.

 

Im Vordergrund stehen also die Leitungsblockierungen. Bei der Kombination aus RSB, LAHB und AV-Block spricht man von einem trifaszikulären Block. Hier besteht die hochgradige Gefahr intermittierender AV-Blockierungen. Vor dem Hintergrund der klinischen Beschreibung mit wiederholten Bewusstseinsverlusten besteht hier also der hochgradige Verdacht auf eine rhythmogene Ursache. Es besteht eine Schrittmacherindikation. Bis dahin sollte der Patient mindestens durchgehend am Monitor überwacht werden.


Wenn das etwas zu schnell ging, dann geht es hier zur ausführlichen Beschreibung der strukturierten Analysen nach 6-Richtige- und BLiQ-Schema: