Ein schneller Infekt - Teil 2



6 Richtige:

1. Elektrische Aktivität vorhanden.

2. QRS-Frequenz knapp größer als 150 /Minute.

3. QRS-Dauer 180 ms (gelbe Markierung).

4. QRS regelmäßig.

5. Die Frage nach P-Wellen ist hier sehr schwierig und vielleicht nicht abschließend beurteilbar. Zu Beginn der Aufzeichnung lassen sich in aVL und aVF regelmäßige und monomorphe P vermuten (blaue Pfeile), jedoch im weiteren Verlauf nicht sicher verfolgen. 

6. Da die Frage nach P nicht eindeutig beantwortet wird, lässt sich über eine eventuelle Überleitung ebenfalls keine verlässliche Aussage treffen.

 

Rhythmusdiagnose: Regelmäßige Breitkomplextachykardie.

 

BLiQ:

B: Die QRS-Komplexe sind mit 180 ms deutlich verbreitert. Auf den ersten Blick ließe sich die QRS-Morphologie mit einem Rechtsschenkelblock (RSB) vereinbaren.

L: Beim RSB findet die Lagetypbeurteilung innerhalb der ersten 60 - 80 ms statt. Auch wenn die Bestimmung hier nicht ganz einfach ist, gelangt man am ehesten zu einem überdrehten Linkstyp, in jedem Fall aber zu einer ausgeprägten Abweichung des Lagetyp. Es könnte sich damit um ein bifaszikuläres Blockbild aus RSB und LAHB handeln.

i: Auch hier ist die Beurteilung nicht leicht. In II lässt sich ein erhöhter ST-Abgang vermuten, in aVL und V3 erscheint die ST-Strecke horizontal gesenkt. Die STEMI-Kriterien sind nicht erfüllt.

Q: Vor allem in V4 bis V6 scheint die QT-Zeit bis zum nächsten Kammerkomplex zu dauern. Hiernach wäre die QT-Zeit deutlichst verlängert, wobei der bestimmte Wert um die QRS-Verbreiterung korrigiert werden müsste (hierfür existieren Formeln, welche in der klinischen Praxis jedoch kaum Anwendung finden).

 

Trotz aller Mühen sind wir nicht wirklich schlauer. Sicher ist, dass es zu einem Rhythmuswechsel kam und dass nun eine regelmäßige Breitkomplextachykardie besteht. Nähern wir uns also von der anderen Seite: Welche Ursachen für regelmäßige Breitkomplextachykardien kennt ihr?

 

Breitkomplextachykardien gehören nicht zu den wirklich häufigen EKG-Bildern, wenn sie auftreten, stellen sie Anwender jedoch regelmäßig vor Probleme. Die differentialdiagnostisch wichtigsten Ursachen sind:

 

1. Ventrikuläre Tachykardien (meist eine kreisende Erregung).

2. Supraventrikuläre Tachykardien mit ventrikulärer Erregungsleiungsstörung - also ein Blockbild.

3. Supraventrikuläre Tachykardien mit ventrikulärer Präexzitation - hierfür ist eine akzessorische, also zusätzliche, Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern nötig.

4. Antidrome AV-Reentry-Tachykardie - auch hier ist eine zusätzliche Leitungsbahn zwischen Vorhöfen und Kammern notwendig - wobei in diesem Fall die Leitungsbahn Teil der Rhythmusstörung ist.

5. Ventrikuläre Schrittmacher - also z.B. Schrittmachertachykardien.

 

Akzessorische Leitungsbahnen und Schrittmacherfehlfunktionen sind Themen für sich. Wir blenden diese also für den Moment aus und beschränken uns auf die beiden häufigsten und damit differentialdiagnostisch bedeutsamsten Ursachen von Breitkomplextachykardien: Die ventrikulären und die supraventrikulären mit Blockbild. Am aktuellen Fallbeispiel wollen wir überlegen, ob und wie eine Differenzierung im Oberflächen-EKG gelingen kann.

Hier geht's weiter.

Das Wichtigste bei der Analyse ist eine strukturierte Vorgehensweise. Vielleicht helfen dir unsere Schemata "6Richtige" und "BLiQ" dabei. Und übrigens: Natürlich bearbeiten wir Fälle und EKG wie diese ausführlich in unseren Kursen - für Sicherheit, Struktur und Verständnis bei der EKG-Diagnostik 😊.